Die Fienstedt eigentümliche bäuerliche Struktur ist wohl noch erkennbar, aber nicht so deutlich wie noch vor hundert Jahren: 13 Vollspänner, aber nur 1 Halbspänner; nur 3 große, aber 11 kleine Kossaten. Die 13 Vollspänner – das ist der Kern der alten germanischen, der thüringischen Siedlung; die 11 kleinen Kossaten aber die Neuanbauer, die die sorbischen, immer wieder überfluteten Sumpfnester in der Saaleaue aufgaben, um auf die Hochfläche zu ziehen. Ein Wunder, daß Pfützthal aus diesem Grunde nicht auch wüst ward. Natürlich bedeutet das für die Zeit, aus der jene Zahlen überliefert sind (1780), kein Urteil über ethnische Verhältnisse. Die uns zahlreich aus dem Jahre 1558 überlieferten Namen der eingesessenen Familien lassen keine Spur slawischer Färbung mehr erkennen. Durch die Hinzunahme einer Reihe von Wüstungen ward auch die Flur weiträumig bis auf 2450 Morgen Acker und 86 Morgen Wiesen, und Fienstedt, das in alter Zeit die Saale nicht zur Grenze seiner Gemarkung hatte, gewann sie von Döblitz bis Mücheln. Hierzu kommen noch 10 Morgen Holzung – die untere Brenau bei Zörnitz. Doch die Weinberge nennt der magdeburgische Topograph von 1780 nicht mehr, obschon die Weinstöcke neben der Linde im Dorfsiegel und die Nennung des hl. Urban, des Schutzherrn des Weinbaus, auf der größten und ältesten Glocke, daran erinnern, daß auch Fienstedts Bauern einst Rebbau trieben. Nordöstlich des Dorfes liegt das Weinbergsfeld, hier an den Talhängen werden wir die einstigen Fienstedter Weinberge zu suchen haben.
[Aus: Erich Neuß, Wanderungen durch die Grafschaft Mansfeld, 1938]